Ideologie der Sesshaftigkeit und Mobilität

Es stellt sich die Frage, wie unsere Psyche mit einer sich zunehmend dynamisierenden Umwelt interagiert. Ich umkreise den Begriff «Mobilität» aus mentalitätsgeschichtlichen, ethnologischen und psychoanalytischen Perspektiven, um zu zeigen, dass sowohl Alltags- wie Wissenschaftskonzepte unsere Einste...

Full description

Bibliographic Details
Published in:Journal für Psychoanalyse
Main Author: Bazzi, Danielle
Format: Article in Journal/Newspaper
Language:German
Published: Seismo Verlag 2013
Subjects:
Online Access:https://www.psychoanalyse-journal.ch/article/view/jfp.54.7
https://doi.org/10.18754/jfp.54.7
Description
Summary:Es stellt sich die Frage, wie unsere Psyche mit einer sich zunehmend dynamisierenden Umwelt interagiert. Ich umkreise den Begriff «Mobilität» aus mentalitätsgeschichtlichen, ethnologischen und psychoanalytischen Perspektiven, um zu zeigen, dass sowohl Alltags- wie Wissenschaftskonzepte unsere Einstellung dem Phänomen gegenüber beeinflussen. Ich stelle die Annahme, dass sich die Psyche einerseits in linearen Entwicklungsprozessen bilde und andererseits durch die Realität zur Anpassung genötigt werde, in Frage, weil ich denke, dass dadurch die Wahrnehmung eines psychischen Funktionierens blockiert wird, das an einer nichtlinearen und kontinuierlichen Schaffung von neuen bewussten und unbewussten psychischen Elementen beteiligt ist. Ich vertrete den Ansatz eines relationalen, wechselseitigen Zueinandersetzens von äusseren und inneren Kräften und möchte dies in Absetzung zu dem zeigen, was ich «Ideologie der Sesshaftigkeit» nenne. Im «?Essay sur les variations saisonnières des sociétés eskimo?» von Marcel Mauss und dem Konzept der Oszillation von P-S<->D von Wilfried Bion finde ich Beschreibungen von sozialen und psychischen Funktionsweisen, die mein Anliegen erhellen. Miteinander in Beziehung gesetzt, fordern sie hergebrachte Definitionen von Unbewusstem und Empirie heraus. Ebenso kommen gängige Abgrenzungen von Individuum und Gesellschaft in Bewegung, wenn – wie angenommen – fortdauernde psychische Funktionsweisen es ermöglichen, sowohl subjektiven wie sozialen Empfindungen ständig neuen Sinn zu geben.