Sowjet-Karelien 1917-1941: Leistung und Schicksal eines sozialistischen Regionalexperiments
Ost-Karelien, das seit 1323 durch eine Grenze von den finnischen Gebieten getrennt war, erlebte im 19. Jahrhundert eine Phase der wirtschaftlichen Stagnation obwohl Finnland in der gleichen Zeit ein schnelles ökonomisches und kulturelles Wachstum aufweisen konnte. Potentiell besaß Karelien jedoch gr...
Main Author: | |
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Format: | Doctoral or Postdoctoral Thesis |
Language: | German |
Published: |
1992
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Subjects: | |
Online Access: | https://freidok.uni-freiburg.de/data/6678 https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:25-opus-66780 https://freidok.uni-freiburg.de/dnb/download/6678 |
Summary: | Ost-Karelien, das seit 1323 durch eine Grenze von den finnischen Gebieten getrennt war, erlebte im 19. Jahrhundert eine Phase der wirtschaftlichen Stagnation obwohl Finnland in der gleichen Zeit ein schnelles ökonomisches und kulturelles Wachstum aufweisen konnte. Potentiell besaß Karelien jedoch große wirtschaftliche Möglichkeiten, da die zahlreichen Naturschätze für den Transport günstig lagen. Anfang dieses Jahrhunderts bildete sich eine Art Nationalbewegung aus. Im Sommer 1920 vertrieb die Rote Armee die nationale Regierung aus Viena, Nord-Karelien, die vorher ihr Land für unabhängig erklärt. In Aunus, Süd-Karelien konnten sich die Bolschewiki 1918 überall gegen die zahlenmäßig stärkeren Sozialrevolutionäre und Menschewiki durchsetzen. 1920 wurde eine Autonomie für Ost-Karelien im Rahmen einer karelischen Arbeiterkommune (KTK) gewahrt. Sie wurde von einer Gruppe finnischer roter Emigranten geführt, an deren Spitze der Sozialwissenschaftler Edvard Gylling stand, ein pragmatischer Linksnationalist. Beim Übergang zur NEP wurde ihr eine umfassende Wirtschaftsautonomie zugestanden, wobei das Modell von Lenin als Experiment im Rahmen einer karelischen Pufferrepublik angesehen wurde. Mit der Umwandlung der KTK in eine autonome Republik entsprachen ihre Autonomierechte faktisch denen einer Unionsrepublik und übertrafen sie in vielen Bereichen sogar, obwohl die KASNT formell der RSFSR unterordnet blieb. Die NEP dauerte in Karelien noch bis 1929/30. Die Jahre von 1923/29 sollten auch zu einer innen- wie außenpolitisch ruhigen Zeit werden. Das Selbstrentabilitätsprinzip der Wirtschaftsautonomie garantierte Karelien die Gewinne aus seinen Naturschätzen, wenn auch beim Außenhandel die Klausel von der 75%-igen Gewinnabführung ein Loch darin bildete. Der Landwirtschaft gelang es den Vorkriegsstand ohne nennenswerte staatliche Hilfen zu erreichen. Dem gleichen Zweck diente die Nationalisierungspolitik auf wirtschaftlichem Gebiet. Die Einführung der Zweisprachigkeit verbunden mit den überdurchschnittlich hohen Kulturausgaben ... |
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