Metahistoriographische Fiktion in Christoph Ransmayrs "Die Schrecken des Eises und der Finsternis"

Die historischen Ereignisse, die in Christoph Ransmayrs 'Die Schrecken des Eises und der Finsternis' nach und nach aufgerollt werden, muten zunächst so an, als hätten sie sich Karl Kraus, Robert Musil und Fritz von Hermanovsky-Orlando gemeinsam an einem von vielen Flaschen Gumpoltskirchner...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Heizmann, Jürgen
Other Authors: Klassik Stiftung Weimar
Format: Article in Journal/Newspaper
Language:German
Published: 2016
Subjects:
Kap
Online Access:http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/frontdoor/index/index/docId/49336
https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hebis:30:3-493364
http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:hebis:30:3-493364
http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/files/49336/WB_62_2016_3_397_416.pdf
Description
Summary:Die historischen Ereignisse, die in Christoph Ransmayrs 'Die Schrecken des Eises und der Finsternis' nach und nach aufgerollt werden, muten zunächst so an, als hätten sie sich Karl Kraus, Robert Musil und Fritz von Hermanovsky-Orlando gemeinsam an einem von vielen Flaschen Gumpoltskirchner befeuerten Abend ausgedacht. Sie sind, wie der als Chronist auftretende Ich-Erzähler selbst anmerkt, "so dramatisch, so bizarr und am Ende so unwahrscheinlich [.] wie sonst nur eine Phantasie". Es handelt sich um die 1872 unter dem Kommando von Carl Weyprecht und Julius Payer gestartete österreichischungarische Expedition im Nordpolgebiet, die den letzten weißen Fleck auf dem Globus erforschen wollte. Wie so viele habsburgische Unternehmungen endete auch dieses in einem grandiosen Fiasko: Das K.-u.k.-Expeditionsschiff, die Admiral Tegetthoff, saß nach bereits vier Wochen im Packeis fest. Mehr als zwei Jahre hielt die Besatzung in der Arktis aus, dann trat sie, unter unvorstellbaren Strapazen, den Heimweg nach Europa zu Fuß übers Eis an und wurde schließlich von russischen Transchiffen aufgelesen. Das einzig vorzeigbare Ergebnis der Expedition war die Entdeckung eines Archipels im Polarmeer, gelegen auf 79 Grad 43 Minuten nördlicher Breite und 59 Grad 33 Minuten östlicher Länge, etwa 60 von gewaltigen Gletschern überzogene Inseln aus rauem Urgestein, welche die österreichischen Kommandanten zu Ehren ihres Kaisers Franz-Joseph-Land nannten. Auch wenn das völlig unwirtliche Konglomerat aus Fels und Eis heute zu Russland gehört, der Name ist ihm geblieben (Semlja Frantsa Josifa lautet er auf Russisch), ebenso die anderen österreichischen Benennungen: Insel Klagenfurt, Insel Wiener Neustadt, Kap Tyrol und Kap Klagenfurt