Computational modeling of material behavior on different scales based on continuum mechanics

Die Modellierung und Simulation von Materialverhalten ist seit Jahrzehnten wichtiger Bestandteil ingenieurwissenschaftlicher Forschung. Sowohl innovative Ingenieurmaterialien (wie z.B. Leichtbaustoffe) als auch klassische Werkstoffe (z.B. Metalle) verlangen bei ihrer Entwicklung bzw. bei der Ermittl...

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Bibliographic Details
Main Author: Bargmann, Swantje
Other Authors: Diebels, S., Svendsen, B.
Format: Doctoral or Postdoctoral Thesis
Language:English
Published: 2012
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/2003/29271
https://doi.org/10.17877/DE290R-3371
Description
Summary:Die Modellierung und Simulation von Materialverhalten ist seit Jahrzehnten wichtiger Bestandteil ingenieurwissenschaftlicher Forschung. Sowohl innovative Ingenieurmaterialien (wie z.B. Leichtbaustoffe) als auch klassische Werkstoffe (z.B. Metalle) verlangen bei ihrer Entwicklung bzw. bei der Ermittlung ihrer mechanischen Eigenschaften ein stark verzahntes Wissen des Ingenieurs. In dem multidisziplinären Forschungsfeld sind Materialwissenschaftler, Ingenieure, Mathematiker und Physiker aktiv und profitieren von interdisziplinären Ansätzen. - Modellierung inelastischen Werkstoffverhaltens von Metallen - In vielen ingenieurwissenschaftlichen Anwendungen wie z.B. Umformprozessen spielt die Deformation von metallischen Materialien eine wichtige Rolle. Metalle verhalten sich bis zu einer kritischen Spannung linear-elastisch. Bei größeren Deformationen sinkt die Steigung der Spannungs-Dehnungskurve und schließlich beginnt das Material sich plastisch zu verfestigen. Das Werkstoffverhalten ist abhängig von mehreren Phänomenen auf verschiedenen Skalen, wie z.B. der Mikroebene. Ein gutes Beispiel hierfür sind polykristalline metallische Werkstoffe. In deren Fall hat man festgestellt, dass die zugrunde liegende Mikrostruktur, z.B. die Kornmikrostruktur, eine große Rolle spielt. Relevante Aspekte hierbei sind die Abhängigkeit des Materialverhaltens von der Korngröße oder von der Interaktion zwischen Versetzungen und Korngrenzen. Wenn das umzuformende Metallstück ungefähr die gleiche Größe hat wie die Kristalle, aus denen es besteht, dann ist die Spannungs- Dehnungskurve im plastischen Bereich stark von der Korngröße abhängig. Dieses Verhalten nennt man Größeneffekt. Im Gegensatz zur herkömmlichen Kristallplastizität werden die genannten Aspekte von den Ansätzen der erweiterten Kristallplastizität bzw. der Gradientenkristallplastizität berücksichtigt. Bei der Anwendung solcher Modelle und deren Umsetzung in die numerische Simulation ergeben sich mehrere Herausforderungen. Nicht zuletzt gehören dazu die Analyse der entsprechenden gekoppelten Anfangs-Randwertprobleme und die Entwicklung von effektiven numerischen Lösungsstrategien für diese Probleme. In den Kapiteln 2–6 werden erweiterte Kristallplastizitätstheorien betrachtet. Dabei werden große Deformationen berücksichtigt, basierend auf nicht-linearer Kontinuumsmechanik. Die resultierenden mathematischen Gleichungen sind hochgradig nicht-linear und miteinander gekoppelt, so dass ein effizienter numerischer Algorithmus benötigt wird. Modellierung und Simulation von Polareis in der Antarktis Inlandeisflächen und Gletscher spielen für das Erdklima eine sehr wichtige Rolle. Rund 90% des irdischen Eises und damit 75% der weltweiten Süßwasserreserven sind in der bis zu 4500m dicken Eisdecke der Antarktis enthalten. Das antarktische Inlandeis ist die größte einzelne Eismasse der Erde. Fast der gesamte Kontinent ist durch das ca. 12 Millionen km2 große Eisschild der Antarktis bedeckt. Eis in natürlichen Landeismassen, wie z.B. polaren Eisflächen oder Gletschern, besteht aus Milliarden individuellen hexagonalen Eiskristallen, so genannten “ice Ih”. Diese haben typischerweise einen Durchmesser von wenigen Millimetern oder Zentimetern. Diese Größenskala steht im Kontrast zu der Größe der Masse, die üblicherweise zwischen mehreren HundertMetern bis zu Tausende von Kilometern rangiert. Es ist seit langem bekannt, dass obwohl die Verteilung der kristallographischen Achsen an der Oberfläche von Eisflächen zufällig ist und das Materialverhalten somit dort als isotrop angesehen werden kann, sich dieses Verhalten an tieferen Stellen verändert. In der Tiefe beginnen die Kristalle, sich zu verschiedenen Typen von anisotropen Gebilden mit bevorzugten kristallographischen Achsen zu entwickeln. In Kapitel 7 wird ein Computermodell für den anisotropen Eisfluss basierend auf den Felddaten der EPICA (European Project for Ice Coring in Antarctica) Eisbohrungen an der Kohnen Station vorgestellt. Die Kohnen Station ist die einzige deutsche polare Forschungsstation in der Antarktis und liegt im Dronning Maud Land. Hauptziel des EPICA an der Kohnen Station ist die Rekonstruktion des antarktischen Klimas in den letzten hunderttausend Jahren mittels Tiefeisbohrungen. Aufgrund dieser Bohrungen sind Daten über die Anisotropie des Eises sowie über den Eisfluss vorhanden. Physikalisch gesehen ist Eis ein kristalliner Festkörper, d.h. natürliches terrestrisches Eis setzt sich aus Milliarden Eiskristallen zusammen. An der Oberfläche von Eisflächen bzw. in kleinen Eismassen ist die Verteilung der kristallographischen Achsen zufällig. Das makroskopische Materialverhalten von Eis kann in diesen Fällen folglich vereinfachend als isotrop angenommen werden. Bei dicken Eisschichten verändert sich dieses Verhalten jedoch in der Tiefe, d.h. die Kristalle richten sich mit bevorzugter kristallographischer Achse aus. Diese Anisotropie bewirkt unter Last eine im Vergleich zu isotropen Oberflächeneis eine bis zu zehnfach schnellere Deformation. Daher müssen für dicke Eisschichten anisotrope Materialgesetze formuliert werden. Das zugrunde liegende Modell, das so genannte continuum-mechanical, anisotropic flow model based on an anisotropic flow enhancement factor model (kurz: CAFFE-Modell), erfüllt alle grundlegenden Prinzipien der klassischen Kontinuumsmechanik und berücksichtigt die Anisotropie des Eis. Die Gewebebildung wird mittels einer Massenbilanz, die mehrere Rekristallisationseffekte beinhaltet, modelliert. Rekristallisation ist der Abbau von Kristallgitterfehlern durch Neubildung des Gefüges. Die Polygonisierung, d.h. die Rekristallisation durch Partikelrotation, ist eine stetige dynamische Rekristallisierung und wird im CAFFE-Modell durch den Orientierungsfluss beschrieben. Letzterer wird als diffusiver Prozess modelliert. Hierbei wird eine Verallgemeinerung des so genannten Fickschen Diffusionsgesetz angesetzt. -Modellierung von Lösungsdurchdringung in Polymeren: case II Diffusion - Klassische Diffusion (“case I Diffusion”) wird üblicherweise mit Hilfe des Fickschen Gesetzes modelliert. Im Fall von glasigen Polymeren in Umgebung der Glas¨ubergangstemperatur list dies jedoch nicht möglich. Wenn eine Lösung mit niedrigem Molekulargewicht in der Nähe der Glasübergangstemperatur in ein sprödes Polymer diffundiert, durchläuft das Polymer einen Phasenwechsel von Glas zu Gummi. Dieser Diffusionsvorgang wird nach Alfrey et al. [11] als “case II Diffusion” bezeichnet. Im Gegensatz zur klassischen Diffusion ist im Fall der case II Diffusion die Massenaufnahme der Lösung durch das Polymer nicht proportional zur Wurzel aus der Zeit, sondern linear in der Zeit. Zusätzlich teilt eine scharfe Front das Polymer in zwei Regionen. Vor der Front, wo das Polymer spröde ist, ist die Konzentration der Lösung deutlich geringer als hinter der Front. Ein typisches Beispielsystem ist Polymethylmethacrylat (PMMA) und Methanol. Die Werkstoffmodellierung von Polymeren, in denen case II Diffusion stattfindet, ist insbesondere in der pharmazeutischen und der Automobilindustrie von Interesse. In der Literatur existieren viele verschiedene Modellansätze, die unterschiedliche charakteristische Merkmale der case II Diffusion beschreiben können. Es existiert zur Zeit jedoch noch kein Ansatz, der alle Eigenschaften abbilden kann. In Kapitel 8 werden bestehende Modelle besprochen, miteinander verglichen, sowie Vor- und Nachteile aufgelistet. - Modellierung von nicht-klassischer Diffusion in weiteren biologischen und physikalischen Vorgängen - Neben der case II Diffusion in Polymeren existieren weitere biologische und physikalische Prozesse, in denen nicht-klassische (d.h. nicht-Ficksche) Diffusion statt findet. Einige dieser Fälle werden in Kapitel 9 genauer betrachtet. Der Fokus liegt dabei auf der Untersuchung von Wellen- und Schockausbreitungsphänomenen. Unter anderem wird ein modifiziertes SIR Modell für Epidemien betrachtet. Mit Hilfe dieses Modells kann die Seuchenausbreitung und -übertragung durch Individuen simuliert werden. Die Bevölkerungsgruppe wird in diesem Zusammenhang in potentielle Empfänger (S), Infizierte (I) und Genesende (R) unterteilt. Die Verbreitung der Krankheit wird dabei mittels eines nicht-klassischen Diffusionsgesetz modelliert.