Plötzliche Klimawechsel: In der Vergangenheit haben sich die Durchschnittstemperaturen auf der Erde wiederholt in wenigen Jahrzehnten um mehrere Grad verändert. Droht uns ein ähnlich jäher Klimasprung?

Die letzten zehn Jahrtausende, in denen sich die menschliche Zivilisation entwickelte, sind eine Ausnahmeerscheinung in der jüngeren Klimageschichte unseres Planeten: Nie zuvor in den vergangenen 100000 Jahren herrschten über so lange Zeit derart konstante und ausgeglichene Witterungsbedingungen, so...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Broecker, W. S.
Format: Article in Journal/Newspaper
Language:English
Published: Spektrum d. Wiss. Verl.-Ges. 1996
Subjects:
Online Access:https://oceanrep.geomar.de/id/eprint/33088/
https://oceanrep.geomar.de/id/eprint/33088/3/BroeSpektrum.pdf
http://www.spektrum.de/magazin/spektrum-der-wissenschaft/
Description
Summary:Die letzten zehn Jahrtausende, in denen sich die menschliche Zivilisation entwickelte, sind eine Ausnahmeerscheinung in der jüngeren Klimageschichte unseres Planeten: Nie zuvor in den vergangenen 100000 Jahren herrschten über so lange Zeit derart konstante und ausgeglichene Witterungsbedingungen, sondern es kam immer wieder zu Kälteeinbrüchen und Wärmeperioden, die jeweils mindestens 1000 Jahre andauerten. Wie Bohrkerne von verschiedenen Stellen auf dem grönländischen Eisschild zeigen, fielen oder stiegen die mittleren Wintertemperaturen in Nordeuropa innerhalb von nur einem Jahrzehnt um bis zu zehn Celsiusgrade. Zeugen dieser plötzlichen Änderungen sind der atmosphärische Staub, die Methanmenge und das Verhältnis der Sauerstoff-Isotope mit den Atommassen 18 und 16, die in den jährlichen Eisschichten konserviert sind. Die letzte tausendjährige Kälteperiode wird nach dem lateinischen Namen der Tundrapflanze Silberwurz, deren Lebensraum sich damals stark ausweitete, als jüngere Dryaszeit bezeichnet. Sie endete vor etwa 11000 Jahren und hat ihre Spuren in den Sedimenten auf dem Meeresboden des Nordatlantik, in den skandinavischen und isländischen Gletschermoränen sowie in den nordeuropäischen und großen kanadischen Seen und Mooren hinterlassen. Auch Neuengland kühlte sich damals deutlich ab. Wahrscheinlich war der Kälteeinbruch der jüngeren Dryaszeit sogar von globalem Ausmaß. Jedenfalls gibt es dafür immer mehr Hinweise. So wurde die nacheiszeitliche Erwärmung des antarktischen Festlandsockels für 1000 Jahre unterbrochen; die neuseeländischen Gletscher dehnten sich erheblich aus, und das Artenspektrum der Planktonpopulation im Südchinesischen Meer änderte sich markant. Der Methangehalt der Atmosphäre nahm um 30 Prozent ab. Nur die Pollenuntersuchungen in einigen Teilen der USA zeigen keine Spuren dieser Kaltzeit.