Verbesserung der spektroskopischen Datenbasis von H₂O für die Anwendung in bodengebundener Fernerkundung der Atmosphäre

Die Atmosphärenfernerkundung im Allgemeinen und die bodengebundene Fernerkundung im Besonderen sind auf hinreichend genaue Referenzmessungen der Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit atmosphärischen Spurengasen angewiesen. Ohne die Kenntnis von Absorptionseigenschaften und deren Temperatu...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Loos, Joep
Format: Text
Language:German
Published: Karlsruhe 2017
Subjects:
Online Access:https://dx.doi.org/10.5445/ir/1000071293
https://publikationen.bibliothek.kit.edu/1000071293
Description
Summary:Die Atmosphärenfernerkundung im Allgemeinen und die bodengebundene Fernerkundung im Besonderen sind auf hinreichend genaue Referenzmessungen der Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit atmosphärischen Spurengasen angewiesen. Ohne die Kenntnis von Absorptionseigenschaften und deren Temperatur- und Druckabhängigkeit ist eine Auswertung von Atmosphärenspektren nicht sinnvoll durchführbar. Absorptionslinienparameter sind für die häufigsten Moleküle in sogenannten spektroskopischen Datenbanken wie HITRAN oder GEISA abgelegt. Die Genauigkeit der Parameter sowie das zugrunde liegende theoretische Linienmodell genügen jedoch in vielen Fällen nicht mehr der notwendigen Genauigkeit. Obwohl es sich um eines der am intensivsten untersuchten Moleküle handelt, ist dies vor allem für Wasser der Fall. Dies ist nicht zuletzt auf den vergleichsweise großen Intensitätsbereich relevanter Absorptionslinien und die Schwierigkeit experimenteller Messung von Absorptionsspektren mit geringen systematischen Fehlern zurückzuführen. Ziel dieser Arbeit ist es, eine experimentelle Datenbasis von Absorptionsparametern von Wasserdampf für die Anwendung in der Auswertung von vom Boden aus gemessenen Atmosphärenspektren zu liefern. Dazu werden moderne Linienmodelle zum Einsatz gebracht und sowohl statistische als auch systematische Parameterungenauigkeiten quantifiziert. Der Spektralbereich von Interesse liegt dabei zwischen 5.4 µm und 2.5 µm bzw. 1850 cm–1 und 4000 cm–1. Dieser Bereich liegt zwischen zwei starken Absorptionsbanden des Wassermoleküls und ist damit von besonderer Relevanz für bodengebundene atmosphärische Fernerkundung, die auf Messungen in atmosphärischen Fenstern beschränkt ist. Am Institut für Methodik der Fernerkundung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) wurden Messungen von Absorptionsspektren von Wasserdampf durchgeführt. Dazu wurde ein hochauflösendes Fourier-Transform-Spektrometer verwendet. Aufgrund des großen Linienintensitätsbereichs wurden zwei Absorptionszellen genutzt. Mit einer Absorptionszelle mit ca. 25 cm und einer Multireflexionszelle mit einstellbarer Absorptionsstrecke wurden Absorptionsspektren von reinem Wasserdampf sowie von Wasser-Luft-Gemischen bei Raumtemperatur sowie bei niedrigen und hohen Temperaturen gemessen. Dazu wurde vorerst die Multireflexionszelle generalüberholt und die maximale Absorptionsstrecke von ursprünglich ca. 85 m auf über 200 m erhöht. Zusätzlich wurde das thermische Konzept überarbeitet, um die Temperaturgenauigkeit und -homogenität innerhalb der Zelle zu optimieren. Zur Auswertung der Spektren wurde, aufbauend auf einer vorhandenen Software zum Fit einzelner Absorptionsspektren, eine neue Software entwickelt, die zum gleichzeitigen Fit mehrerer Spektren konzipiert ist. Dabei wurden verschiedene Linienprofilfunktionen, unter anderem das Hartmann-Tran-Profil, implementiert. Die Auswertung der Messungen erfolgte in einem dreistufigen Verfahren, wobei aufeinanderfolgend Reinwassermessungen, Messungen von Wasser-Luft-Gemischen bei Raumtemperatur und abschließend Messungen von Wasser-Luft-Gemischen hoher und niedriger Temperatur analysiert wurden. Um die Messungen bis auf Rauschniveau anzupassen, war es notwendig, neben den üblichen Voigt-Parametern auch die Geschwindigkeitsabhängigkeit der Selbst- und Fremdverbreiterung sowie in einigen Fällen die Frequenz geschwindigkeitsändernder Stöße (Dicke-Effekt) oder line mixing anzupassen. Für jeden gefitteten Parameter wurde eine ausführliche Analyse der Ungenauigkeit durchgeführt. Insgesamt wurden Parameter von knapp 7000 Linien ermittelt und mit den Datenbanken HITRAN12 und GEISA15 sowie unabhängigen Messungen und Rechnungen verglichen. Für Linienintensitäten konnte eine beachtliche Übereinstimmung mit ab initio Berechnungen von meist unter 1 % festgestellt werden. Beim Vergleich zeigten sich vibrationsbandenabhängige systematische Abweichungen und Streuungen, die nicht auf das Experiment zurückgeführt werden können. Für einen Großteil der Linien wurden Selbst- und Fremd-Linienformparameter wie Verbreiterung, ihre Geschwindigkeitsabhängigkeit sowie Verschiebungsparameter bestimmt und mit den aktuellen Datenbanken und jüngsten experimentellen Arbeiten verglichen. Aus Messungen mit hoher und niedriger Temperatur wurden Parameter zur Beschreibung der Temperaturabhängigkeit der Linienparameter abgeleitet. Die Temperaturabhängigkeit von Selbst- und Fremd-Linienformparametern wurde dabei in vielen Fällen getrennt betrachtet. Mit den ermittelten Parametern und HITRAN12 wurde eine neue Datenbank kompiliert, die zur Validierung in der Auswertung atmosphärischer Messungen verwendet wurde. Als Testdaten wurden bodengebundene Messungen in solarer Okkultation der Beobachtungsstellen in Kiruna (Nordschweden), Karlsruhe und Izaña (Teneriffa, Spanien) gewählt. Die Retrievals wurden für vier breite spektrale Fenster durchgeführt, wobei die Fitresiduen global um bis zu 53 % geringer ausfielen als bei einer Auswertung unter Nutzung von HITRAN12. Durch die in dieser Arbeit verbesserten bzw. gemessenen spektroskopischen Parameter von Wasserdampf steht nun eine den Ansprüchen der bodengebundenen Fernerkundung entsprechende Datenbasis für den betrachteten Spektralbereich zur Verfügung. Die ermittelten Parameter wurden in die neue Datenbank HITRAN16 übernommen.