Dekolonialisierung der Nationalparkpolitik?

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Norwegens Nationalparkpolitik und den Partizipationsmöglichkeiten der Rentiersami innerhalb dieser Schutzgebietskategorie. Es wird der Frage nachgegangen, inwiefern Norwegen es schafft, die Sami als indigenes Volk in der Errichtung und Verwaltung zu integr...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Bogner, Juliane
Format: Thesis
Language:German
Published: (:none) 2012
Subjects:
Online Access:https://dx.doi.org/10.25365/thesis.23899
https://othes.univie.ac.at/23899/
Description
Summary:Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Norwegens Nationalparkpolitik und den Partizipationsmöglichkeiten der Rentiersami innerhalb dieser Schutzgebietskategorie. Es wird der Frage nachgegangen, inwiefern Norwegen es schafft, die Sami als indigenes Volk in der Errichtung und Verwaltung zu integrieren und so seinen völkerrechtlichen Obligationen im Umwelt- und Menschenrechtsbereich nachzukommen. Um die Fragestellung beantworten zu können, wurde mit öffentlichen Informationsquellen von Ministerien, Direktoraten und anderen Ebenen der öffentlichen norwegischen Administration und mit Gesetzestexten gearbeitet. Weiters wurde die vorhandene sozialwissenschaftliche Literatur zu dem Thema studiert. Intensive Internetrecherche und eine Befragung der Rentierweidebezirke waren grundlegende Methoden, um auch ohne Feldforschung ein Bild der aktuellen Situation zu erhalten. Es wird gezeigt, dass das Konstrukt „Schutzgebiet“ eng mit der Denk- und Handlungsweise der europäischen Aufklärung und des Kolonialismus in Verbindung steht. Grundprämisse dieser sozio-kulturellen Vorstellung der Abgrenzung von Gebieten für den Erhalt intakter Landschaften ist der kartesianische Dualismus, der den Menschen von der Natur separiert. Diese Idee spiegelt nicht die Kosmovisionen indigener Völker im Allgemeinen und der Rentiersami im Besonderen wider, die sich als impliziten Teil ihrer Umwelt begreifen. Es werden grob die zwei Paradigmen im Umgang mit indigenen Völkern und Naturschutzgebieten skizziert, bevor auf die norwegische Situation eingegangen wird. Es wird auf die Erfahrungen, die die Rentiersami mit Nationalparks in Norwegen gemacht haben, eingegangen und die momentane norwegische neoliberal geprägte Nationalparkpolitik umrissen. Nach einer Darlegung der ausschlaggebenden internationalen menschen- und umweltrechtlichen Obligationen hinsichtlich der Sami im Schutzgebietskontext kommt es zur Analyse ihrer Implementierung anhand dreier ausgewählter Rechtsdokumente. Abschließend wird diese Rechtssituation mit der Realität der Rentierzüchter in drei Nationalparks kontrastiert. Es wird deutlich, dass der Völkerrechtsstandard de iure und de facto in Norwegens Nationalparks nur unzureichend umgesetzt wird. Obwohl Umfragen dafür sprechen, dass die Sami generell mit Nationalparks als Schutz gegenüber größeren Eingriffen zufrieden sind, entspricht die rechtliche und tatsächliche Lage nicht den internationalen Obligationen. Steigender Tourismus, Parkrestriktionen, Nicht-Integration der Rentiersami und ihres traditionellen ökologischen Wissens in der Nationalparkverwaltung und die Priorisierung ökonomischer Interessen vor dem Erhalt der Natur und Rentierzucht sind Beispiele für die Verletzung der völkerrechtlichen Verpflichtungen. Der Nationalpark kann seine kolonialen Charakteristika nicht ablegen, sein Erbe der europäischen Aufklärung nicht aufbrechen.