VerfassungsPod #2: EU v. Polen

Der Konflikt zwischen der EU und Polen ist bereits viel weiter eskaliert, als man bis vor kurzem für vorstellbar gehalten hätte. Und immer noch ist kein Ende in Sicht. Aus dem innerpolnischen Verfassungskonflikt um Rechtsstaat und unabhängige Justiz ist ein europäischer Verfassungskonflikt um den Vo...

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Bibliographic Details
Main Authors: Schlenk, Jochen, Steinbeis, Maximilian
Format: Text
Language:English
Published: Fachinformationsdienst für internationale und interdisziplinäre Rechtsforschung 2021
Subjects:
342
Online Access:https://dx.doi.org/10.17176/20211202-212018-0
https://intr2dok.vifa-recht.de/receive/mir_mods_00011491
Description
Summary:Der Konflikt zwischen der EU und Polen ist bereits viel weiter eskaliert, als man bis vor kurzem für vorstellbar gehalten hätte. Und immer noch ist kein Ende in Sicht. Aus dem innerpolnischen Verfassungskonflikt um Rechtsstaat und unabhängige Justiz ist ein europäischer Verfassungskonflikt um den Vorrang des EU-Rechts geworden. Wie konnte das passieren? Was für Kräfte sind da am Werk? Und wie kommen wir da wieder heraus? Diesen Fragen wollten wir in diesem Podcast-Projekt auf den Grund gehen. Wir haben Interviews mit Jurist_innen, Politikwissenschaftler_innen und Historiker_innen geführt, haben recherchiert, diskutiert und nachgedacht. In den Folgen 1 bis 3 geht es um Entstehung und Verlauf des Konflikts – zuerst auf der innerpolnischen Bühne (1), dann die Reaktion der EU (2) und die Gegenreaktion der polnischen Regierung (3). Dabei wird ein viel älterer Konflikt, der die ganze Integrationsgeschichte der EU durchzieht, in mächtige Resonanzschwingungen versetzt (4). Er präfiguriert die Möglichkeiten, den Konflikt zu lösen (5). Teil 1: Projekt Imposybilizm In Polen kommt 2015 eine neue rechtspopulistische Regierung an die Macht, die von Tag 1 an beginnt, ihren Plan zur Unterwerfung der unabhängigen Justiz in die Tat umzusetzen, und dabei auf die Institutionen und Verfahren der polnischen Verfassung keinerlei Rücksicht nimmt. Wir rekonstruieren, was es mit diesem Plan auf sich hat, wo er herkommt und wie es der PiS-Regierung gelang, ihn umzusetzen – und bis zu welchem Punkt. 00:00 bis 05:50: Einleitung 05:55 bis 18:45: Die PiS-Regierung und ihre Vorgeschichte 18:45 bis 37:00: Die Zerstörung des Verfassungsgerichts 37:15 bis 42:30: Die Zerstörung des Nationalen Justizrats 53:20 bis 66:00: Der Kampf um den Obersten Gerichtshof Teil 2: Hase und Igel Spätestens 2017/18, als die PiS-Regierung ihr Gesetzespaket zur Übernahme der Justiz vorlegt, wird der auf Dialog und Ausgleich bedachten EU-Kommission bewusst, dass sie ein Riesenproblem hat. Während die anderen Mitgliedstaaten keinerlei Interesse zeigen, das Problem auf politischem Weg zu lösen, bringt sich der Europäische Gerichtshof in Luxemburg mit einer Kette von revolutionären Urteilen in eine Position, die gegen die Zerstörung der unabhängigen Justiz in Polen wirksame Hilfe verspricht. Doch die PiS-Regierung reagiert anders als erhofft. Folgt demnächst! Teil 3: Der große Crackdown 2019 – 2021 lässt die PiS-Regierung ihr eigens zu diesem Zweck errichtetes Disziplinarregime auf die polnischen Richter_innen los, um ihren vom EuGH ermutigten Widerstand zu ersticken. Die wenden sich an den anderen Europäischen Gerichtshof, den für Menschenrechte in Straßburg, der erklärt, dass die von der PiS-Regierung mit ihren Gefolgsleuten infiltrierten Gerichte nicht „auf Gesetz beruhen“ und also gar keine Gerichte sind. Die PiS-Regierung wiederum bestellt sich bei dem von ihr kontrollierten „Verfassungsgericht“ Urteile, wonach Polen der Rechtsprechung beider Europäischer Gerichtshöfe und dem Recht, auf das sie sich stützen, aus angeblichen verfassungsrechtlichen Gründen keinen Gehorsam schuldet. Folgt demnächst! Teil 4: Der Kampf um den Vorrang Damit ist aus dem polnischen Verfassungskonflikt endgültig ein europäischer Verfassungskonflikt geworden: Es geht um den Vorrang des EU-Rechts und damit um den Grundpfeiler der Verfassung der Europäischen Union. Der ist allerdings weniger unumstritten als viele meinen. Der Kampf zwischen EuGH und nationalen Verfassungsgerichten, an die PiS-Regierung anzuknüpfen behauptet, durchzieht die ganze Geschichte der EU – und das deutsche Bundesverfassungsgericht hat dabei immer wieder eine Schlüsselrolle gespielt. Folgt demnächst! Teil 5: Den Kuchen haben und ihn essen Was also tun? Ist der Versuch, Polen mit rechtlichen Mitteln zum Gehorsam gegenüber dem EU-Recht zu zwingen, gescheitert? Oder war er nur noch nicht entschlossen genug? Wie kann die EU ihre Grundwerte verteidigen, wenn die Mitgliedstaaten das offenbar gar nicht so wichtig finden? Werden sie erst aktiv, wenn es um die Verteidigung ihrer Beiträge zum EU-Haushalt gegen Korruption und Misswirtschaft geht – oder gar um den Binnenmarkt? Und was verrät uns das über die Verfasstheit der Europäischen Union selbst? Folgt demnächst! Unterstützen Sie uns! Um dieses Projekt auch finanziell stemmen zu können, sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen. Für nur 5 Euro im Monat werden Sie Mitglied in unserer Steady-Fördercommunity. Dafür bekommen Sie auch eine unserer beliebten Kaffeetassen und können mitdiskutieren und mitgestalten, wenn wir unser nächstes Podcast-Projekt anpacken. Gesprächspartner:innen: Prof. Dr. Dr. h.c. Stanisław Biernat, Jagiellonian University in Kraków Prof. Dr. Tanja A. Börzel, Freie Universität Berlin Prof. Dr. Ireneusz Paweł Karolewski, Universität Leipzig Prof. R. Daniel Kelemen, Rutgers University Prof. em. Dr. Ulrike Liebert, Universität Bremen Prof. Dr. Anna Katharina Mangold, Europa-Universität Flensburg Prof. Dr. Franz C. Mayer, Universität Bielefeld Dariusz Mazur, Richter am Regionalgericht Krakau Prof. Dr. Florian Meinel, Georg-August-Universität Göttingen Prof. Dr. Jan-Werner Müller, Princeton University Prof. Dr. Martin Nettesheim, Universität Tübingen Dr. Thu Nguyen, Jacques Delors Centre Prof. Dr. Laurent Pech, Middlesex University London Prof. Dr. Morten Rasmussen, University of Copenhagen Dr. Roya Sangi, Kanzlei Redeker Sellner Dahs Dr. Malte Symann, Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer Prof. Dr. Alexander Thiele, BSP Business & Law School Berlin Prof. Dr. Antoine Vauchez, Université Paris 1-Sorbonne Anna Wójcik, Polnische Akademie der Wissenschaften Quellen: Auf dem Verfassungsblog sind seit 2015 mehr als 300 Artikel zur Rechtsstaatskrise in Polen erschienen. Eine unschätzbare Informationsquelle ist außerdem die fortlaufende Berichterstattung auf der Website RuleofLaw.pl. Weitere Informationsquellen: Amelie Albrecht: Sanktionen gegenüber „democratic backsliding“ in Ungarn und Polen – Das Interventionsparadox der EU. Münchner Beiträge zur Politikwissenschaft 2020. DOI: 10.5282/ubm/epub.72109. Petra Bárd, Adam Bodnar: The End of an Era. The Polish Constitutional Court’s judgment on the primacy of EU law and its effects on mutual trust, CEPS Policy Insights 2021 / 15. Stanisław Biernat, Paweł Filipek: The Assessment of Judicial Independence Following the CJEU Ruling in C-216/18 LM. In: Armin von Bogdandy et al. (Hrsg.): Defending Checks and Balances in EU Member States. Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht 298, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62317-6_16 Anne Boerger, Morten Rasmussen: Transforming European Law: The Establishment of the Constitutional Discourse from 1950 to 1993. European Constitutional Law Review 2014, S. 199 ff. 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K. gegen Krajow a Rada Sądow nictwa und CP und DO gegen Sąd Najwyższy, C‑585/18, C-624/18, C-625/18 29.1.2020: DŚ gegen Zakład Ubezpieczeń Społecznych Oddział w Jaśle, C‑522/18 (erledigt) 26.3.2020: Miasto Łowicz gegen Skarb Państwa – Wojewoda Łódzki und Prokurator Generalny gegen VX, WW, XV, C‑558/18, C‑563/18 2.3.2021: A.B. u.a., C-824/18 20.4.2021: Repubblika gegen Il-Prim Ministru, C-896/19 18.5.2021: Asociația „Forumul Judecătorilor din România“, C‑83/19, C‑127/19, C‑195/19, C‑291/19, C‑355/19 und C‑397/19 15.7.2021: Europäische Kommission gegen Polen (Disziplinarkammer), C-791/19 20.9.2021: Tschechische Republik/ Polen (Turów), C-121/19 (Beschluss) 6.10.2021: W.Z., C-487/19 27.10.2021: Europäische Kommission gegen Polen („Maulkorb“-Gesetz), einstweilige Anordnung, C-204/21 R 16.11.2021: W.B. u.a. C‑748/19 bis C‑754/19 : Verfassungsblog: On Matters Constitutional