Antarktis im Wandel: Vom Vorbild zum Auslaufmodell internationaler Kooperation?

Das Antarktische Vertragssystem (AVS) wird oft als Vorbild für internationale Kooperation jenseits des „westfälischen Systems“ gesehen. So hat das AVS über Jahrzehnte den antarktischen Kontinent als einen dem Frieden und der Wissenschaft gewidmeten Naturschutzpark geschützt, wobei alle territorialen...

Full description

Bibliographic Details
Published in:Zeitschrift für Internationale Beziehungen
Main Author: Flamm, Patrick
Format: Article in Journal/Newspaper
Language:unknown
Published: Nomos Verlag 2022
Subjects:
Online Access:http://dx.doi.org/10.5771/0946-7165-2022-1-114
Description
Summary:Das Antarktische Vertragssystem (AVS) wird oft als Vorbild für internationale Kooperation jenseits des „westfälischen Systems“ gesehen. So hat das AVS über Jahrzehnte den antarktischen Kontinent als einen dem Frieden und der Wissenschaft gewidmeten Naturschutzpark geschützt, wobei alle territorialen Gebietsansprüche „eingefroren“ wurden. Dennoch dominiert nationalstaatliche Logik seit jeher auch antarktische Politik: Nur die bereits bestehenden Gebietsansprüche dürfen per Antarktisvertrag betrieben werden, die einzig legitimen politischen Akteure sind Nationalstaaten, antarktische Forschung wird von nationalen Programmen koordiniert und die Errichtung der ausnahmslos nationalen Forschungsstationen erfolgte selten nur nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten. Durch globale Machtverschiebungen, neue Regulierungsherausforderungen sowie den Klimawandel stellt sich allerdings die Frage, ob dieses Vertragssystem, das bisher als exklusiver Club weitgehend isoliert von internationalen Normen und Institutionen wie zum Beispiel den Vereinten Nationen oder dem Seerechtsübereinkommen fungierte, bei sich verschlechternder planetarer ökologischer Lage weiterhin als Vorbild internationaler Kooperation taugt oder aber nur durch weitreichende institutionelle Weiterentwicklung vermieden werden könnte, dass es zum Auslaufmodell wird.