Erstbeobachtung und Sangesbeginn von 97 Vogelarten in den Jahren 1963 bis 2006 in einer Gemeinde im Landkreis Parchim (Mecklenburg-Vorpommern)

Die Daten zu Erstbeobachtung (EB) bzw. Sangesbeginn (SB) für 97 Vogelarten aus dem Gemeindegebiet Kuhlen-Wendorf (Landkreis Parchim, Mecklenburg-Vorpommern) umfassen den Zeitraum von 1963 bis 1968 und von 1977 bis 2003. Neben der Länge des Untersuchungszeitraums von über vier Jahrzehnten ist hervorz...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Schmidt, Ernst, Hüppop, Kathrin
Format: Article in Journal/Newspaper
Language:German
Published: 2007
Subjects:
Online Access:http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/frontdoor/index/index/docId/29906
https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hebis:30:3-299060
http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:hebis:30:3-299060
http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/files/29906/Vowa_2007_27_58.pdf
Description
Summary:Die Daten zu Erstbeobachtung (EB) bzw. Sangesbeginn (SB) für 97 Vogelarten aus dem Gemeindegebiet Kuhlen-Wendorf (Landkreis Parchim, Mecklenburg-Vorpommern) umfassen den Zeitraum von 1963 bis 1968 und von 1977 bis 2003. Neben der Länge des Untersuchungszeitraums von über vier Jahrzehnten ist hervorzuheben, dass die Daten über den gesamten Zeitraum von immer dem gleichen und einzigen Beobachter (ES) erfasst wurden. Das große Artenspektrum umfasst auch einige bisher nur spärlich dokumentierte Non-Passeres- Arten. Die Mediane von EB/SB haben eine Spannweite von Ende Januar bis Mitte Mai. Am frühesten sind EB/SB bei Kleiber Sitta europaea, Blaumeise Parus caeruleus und Kohlmeise Parus major, am spätesten bei Wachtel Coturnix coturnix,Gelbspötter Hippolais icterina und Zwergschnäpper Ficedula parva. Je später eine Art ankommt bzw. zu singen beginnt, umso geringer ist die Spannweite von EB/SB. Die größte Spannweite weisen Teichralle Gallinula chloropus, Hohltaube Columba oenas, Grünspecht Picus viridis und Wasserralle Rallus aquaticus auf, die geringste Gelbspötter, Klappergrasmücke Sylvia curruca, Wachtelkönig Crex crex, Gartengrasmücke Sylvia borin und Gartenrotschwanz Phoenicurus phoenicurus. Dabei ist die Spannweite der LZ signifikant geringer als die der beiden anderen Zugtypen. Für 80 Arten wird der Trend von EB/SB in Kuhlen-Wendorf in Form von Ausgleichskurven dargestellt, denn EB/SB vieler Arten zeigen keinen linearen Trend über den gesamten Untersuchungszeitraum. Zum Beispiel belegen die Ausgleichskurven für 21 Arten eine auffällige Abflachung einer vorhergehenden Verfrühung oder sogar eine Umkehr hin zu einer Verspätung gegen Ende des Untersuchungszeitraums. Ein annähernd linearer, wenn auch nicht signifikanter Trend zur Verspätung von EB/SB besteht bei nur vier Arten. Verspätungen von EB/SB stehen möglicherweise mit Bestandsabnahmen in Zusammenhang. Bei 15 Arten kann keine Veränderung über den Untersuchungszeitraum festgestellt werden. Generell überwiegt in Kuhlen-Wendorf ein Trend zur Verfrühung von EB/SB über den gesamten Untersuchungszeitraum. Die 43 Arten mit nahezu linearer Regression (positiv und negativ) verfrühen sich im Mittel um drei Tage pro Jahrzehnt, die 17 signifikant abnehmenden Arten um sogar sechs Tage pro Jahrzehnt. Dies liegt im Rahmen des bekannten Ausmaßes der Vorverlegung phänologischer Ereignisse im Frühjahr in den letzten Jahrzehnten. Dabei ist die Verfrühung bei den Standvögeln (SV) und den Kurz/Mittelstreckenziehern (KMZ) stärker ausgeprägt als bei den Langstreckenziehern (LZ). Möglicherweise beruht dieser Unterschied insbesondere zwischen den beiden ziehenden Gruppen, den KMZ und den LZ, auf der zunehmenden Nordverlagerung von Überwinterungsgebieten im Zuge des Trends zu immer milderen Wintern. Eine zunehmende Zahl von Beobachtungen überwinternder Individuen der KMZ suggeriert möglicherweise nur, dass die Verfrühung der KMZ stärker ist als die der nicht im Untersuchungsgebiet überwinternden LZ. Das unterschiedliche Ausmaß der Verfrühung von KMZ und LZ im Untersuchungsgebiet kann nicht durch unterschiedliche Abhängigkeiten von der lokalen Temperatur und/oder vom Winter-NAO-Index erklärt werden. EB/SB korrelieren signifikant negativ mit der lokalen mittleren Temperatur des Monats der mittleren EB/SB-Daten oder des den mittleren Daten vorhergehenden Monats bei 38 der untersuchten 97 Arten, ein Trend besteht bei 71 Arten. Dieser Zusammenhang ist bei den KMZ am häufigsten, gefolgt von den LZ und am seltensten bei den SV. Mit dem Winter-NAOIndex korreliert die EB/SB signifikant negativ bei 25 Arten, ein Trend besteht bei 53 Arten. Dieser Zusammenhang ist bei den KMZ am häufigsten und signifikant seltener bei den SV und den LZ. Signifikant positive Zusammenhänge gibt es weder mit der Temperatur noch mit dem Winter-NAO-Index. Im Vergleich zu früheren Angaben aus der Region (Kuhk 1939) kommen die Vögel im Untersuchungsgebiet nicht nur gegen Ende des gesamten Untersuchungszeitraums sondern auch schon in den 1960er Jahren früher an, was zum generellen Trend der Klimaerwärmung über das 20. Jahrhundert passt. Gegenüber der Erstankunft in Berlin (Fischer 2002) ist der Median von EB/SB von 30 vergleichbaren Arten in Kuhlen- Wendorf (berechnet über den gleichen Zeitraum ab Mitte der 1970er Jahre bis 2000) im Mittel gut acht Tage später. Dies kann mit der Eigenschaft der Großstadt Berlin als „Wärmeinsel“, mit methodischen Unterschieden (z. B. höhere Beobachterdichte) und der geographischen Lage erklärt werden. Ein gemeinsamer Trend zur Verfrühung des Medians von EB/SB über den gleichen Zeitraum kann bei der Hälfte der gemeinsamen Arten der beiden Gebiete beobachtet werden. The data of first observation (FO) and start of birdsong (SB) respectively of 97 bird species in the community Kuhlen-Wendorf (county of Parchim, Mecklenburg-Vorpommern) comprise the period from 1963 to 1968 and from 1977 to 2006. Beside the length of the period of investigation (more than four decades) it has to be emphasized that the data have been recorded by the same and only observer (ES) at all times. The large spectrum of species also includes some up to now only scarcely documented species of Non-Passerines. The medians of FO/SB reach from end of January to mid of May. Nuthatch Sitta europaea, Blue Tit Parus caerulus and Great Tit Parus major have the earliest FO/SB, Common Quail Coturnix coturnix, Icterine Warbler Hippolais icterina and Redbreasted Flycatcher Ficedula parva the latest. The later a species arrives or starts to sing the smaller is the range of FO/SB. Common Moorhen Gallinula chloropus, Stock Pigeon Columba oenas, Green Woodpecker Picus viridis and Water Rail Rallus aquaticus have the largest range, Icterine Warbler, Lesser Whitethroat Sylvia curruca, Corn Crake Crex crex, Garden Warbler Sylvia borin und Redstart Phoenicurus phoenicurus the lowest. The range of FO/SB is significantly lower in long distance migrants than in the other migration types. For 80 species the trend of FO/SB in Kuhlen-Wendorf is presented in form of smoothed curves, since the data of many species show no linear trend over the whole period of investigation. For example, the smoothed curves of 21 species support a striking flattening of a previous earliness or even a reversal towards a delay. An almost linear but not significant trend (0.05 < p < 0.5) of FO/SB towards a delay can be observed in only four species. Delays might be associated with population declines. For 15 species no change of FO/SB is assessed over the period of investigation. Generally, in Kuhlen-Wendorf a trend towards earliness of FO/SB over the whole period of investigation is most frequent. The 43 species with almost linear regressions (positive or negative) advanced on average by three days per decade, the 17 species with significantly negative trend even by six days per decade. This meets the generally known trend of earliness of phenological events in spring within the last decades. Thereby, the degree of earliness of the short/medium distance migrants (KMZ) outweighs that of the long distance migrants (LZ). Possibly, this difference is based on the increasing shift of wintering areas to the north going along with increasingly mild winters. An increasing number of winter observations of individuals of KMZ perhaps only implies that the earliness of the KMZ is stronger than that of the LZ, which definitely do not winter in the investigation area. The different degree of earliness in KMZ and LZ in the investigation area could not be explained by different dependencies from local temperatures and/or from the winter-index of the North Atlantic Oscillation (NAO). In 38 of the 97 investigated species FO/SB correlate significantly negatively with mean local temperatures, a trend exists in 71 species. This correlation occurs most frequently in the KMZ, followed by the LZ and is most rare in the resident birds. With the winter-NAO-index the FO/SB correlate significantly negatively in 25 species, a trend exists in 53 species. This correlation occurs most frequently in the KMZ, followed by the resident birds, and most rarely in the LZ. Significantly positive correlations of FO/SB do exist neither with local temperatures nor with winter-NAO-index. In comparison to former information for the region (Kuhk 1939) the birds in the investigation area were earlier not only towards the end of the investigation period but also already in the 1960ties. This goes along with the general trend of climate warming throughout the 20th century. Compared to Berlin (about 170 km away, Fischer 2002) the median of FO/SB of 30 comparable species in Kuhlen-Wendorf (recalculated for the same period from the mid 1970ties to 2000) in average was eight days later. This can be explained by the fact that the city of Berlin is a “thermal island” and by differences in methods (e. g. higher observer density). A common trend towards earliness of the median of FO/SB throughout this period can be observed in half of the common species of both areas.