In Lackschuhen auf den Gletscher: Wissenschaftliches Wissen und disziplinäre Inszenierung zwischen Labor und Feldarbeit

Im Sommer 1964 landeten drei dänische Wissenschaftler auf Camp Century in Grönland. Als sie aus dem Flugzeug stiegen, standen sie in Anzug und Lackschuhen bei arktischen Temperaturen mitten im Schnee. Die bizarre Szene zeigt, dass die drei Dänen keine erfahrene Feldforscher waren. Sie waren Physiker...

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Bibliographic Details
Main Author: Achermann, Dania
Format: Conference Object
Language:German
Published: 2020
Subjects:
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spelling ftunivbern:oai:boris.unibe.ch:147662 2023-08-20T04:05:07+02:00 In Lackschuhen auf den Gletscher: Wissenschaftliches Wissen und disziplinäre Inszenierung zwischen Labor und Feldarbeit Achermann, Dania 2020-10-14 https://boris.unibe.ch/147662/ deu ger https://boris.unibe.ch/147662/ info:eu-repo/semantics/restrictedAccess Achermann, Dania (14 October 2020). In Lackschuhen auf den Gletscher: Wissenschaftliches Wissen und disziplinäre Inszenierung zwischen Labor und Feldarbeit (Unpublished). In: Tagung des Historischen Forums „Erde – Natur – Wissen“. Leipzig. 12.-14.10.2020. 550 Earth sciences & geology 900 History 940 History of Europe 970 History of North America info:eu-repo/semantics/conferenceObject info:eu-repo/semantics/draft NonPeerReviewed 2020 ftunivbern 2023-07-31T22:02:18Z Im Sommer 1964 landeten drei dänische Wissenschaftler auf Camp Century in Grönland. Als sie aus dem Flugzeug stiegen, standen sie in Anzug und Lackschuhen bei arktischen Temperaturen mitten im Schnee. Die bizarre Szene zeigt, dass die drei Dänen keine erfahrene Feldforscher waren. Sie waren Physiker und Chemiker, die auf Grönland möglichst altes Eis für ihre Klimastudien im Labor sammeln wollten. Ihre festliche Kleidung war nicht an die natürliche Umwelt angepasst, sondern widerspiegelten den hohen Stellenwert dieser Reise für die Wissenschaftler. Während in sog. „exakten“ Wissenschaften oder Laborstudien die Ausblendung von Emotionen und Körper als Ideal gilt, trifft dies bei Feldwissenschaften weniger zu. Insbesondere auf Expeditionen in extreme Umwelten wie der Arktis spielten körperliche Erfahrungen schon immer eine elementare Rolle für die Wissensproduktion und das disziplinäre Selbstverständnis. Für manchen Gletscherfor-scher des frühen 20. Jahrhunderts musste Wissen daher zwingend in körperlicher Feldarbeit generiert werden, damit es überhaupt als wissenschaftlich glaubwürdig galt. Doch ab Mitte des Jahrhunderts begann sich die Gletscherforschung zu verändern. Neben der klassischen Feldarbeit entwickelte sich ein schnell wachsender Bereich der laborbasierten Eisforschung, was schliesslich zu einer engen Zusammenarbeit zwischen Geochemikern/-physikern und Gletscherforschern führte. Wie wurde im Verlauf dieser Entwicklung Wissen aus dem Labor und Wissen aus dem Feld miteinander verhan-delt? Was bedeutete dies für die wissenschaftliche Praxis, die disziplinäre Inszenierung und die epis-temische Glaubwürdigkeit über die Disziplinengrenzen hinweg? Mein Beitrag möchte diese Fragen anhand der Geschichte der Eisbohrkernforschung im 20. Jahrhundert diskutieren. Conference Object Arktis Arktis* Grönland BORIS (Bern Open Repository and Information System, University of Bern) Sog ENVELOPE(-20.972,-20.972,63.993,63.993)
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description Im Sommer 1964 landeten drei dänische Wissenschaftler auf Camp Century in Grönland. Als sie aus dem Flugzeug stiegen, standen sie in Anzug und Lackschuhen bei arktischen Temperaturen mitten im Schnee. Die bizarre Szene zeigt, dass die drei Dänen keine erfahrene Feldforscher waren. Sie waren Physiker und Chemiker, die auf Grönland möglichst altes Eis für ihre Klimastudien im Labor sammeln wollten. Ihre festliche Kleidung war nicht an die natürliche Umwelt angepasst, sondern widerspiegelten den hohen Stellenwert dieser Reise für die Wissenschaftler. Während in sog. „exakten“ Wissenschaften oder Laborstudien die Ausblendung von Emotionen und Körper als Ideal gilt, trifft dies bei Feldwissenschaften weniger zu. Insbesondere auf Expeditionen in extreme Umwelten wie der Arktis spielten körperliche Erfahrungen schon immer eine elementare Rolle für die Wissensproduktion und das disziplinäre Selbstverständnis. Für manchen Gletscherfor-scher des frühen 20. Jahrhunderts musste Wissen daher zwingend in körperlicher Feldarbeit generiert werden, damit es überhaupt als wissenschaftlich glaubwürdig galt. Doch ab Mitte des Jahrhunderts begann sich die Gletscherforschung zu verändern. Neben der klassischen Feldarbeit entwickelte sich ein schnell wachsender Bereich der laborbasierten Eisforschung, was schliesslich zu einer engen Zusammenarbeit zwischen Geochemikern/-physikern und Gletscherforschern führte. Wie wurde im Verlauf dieser Entwicklung Wissen aus dem Labor und Wissen aus dem Feld miteinander verhan-delt? Was bedeutete dies für die wissenschaftliche Praxis, die disziplinäre Inszenierung und die epis-temische Glaubwürdigkeit über die Disziplinengrenzen hinweg? Mein Beitrag möchte diese Fragen anhand der Geschichte der Eisbohrkernforschung im 20. Jahrhundert diskutieren.
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