Welche Chancen hat die Schweizer Fischproduktion aus Konsumentensicht?
Kontext/theoretischer Hintergrund/Forschungsfragen Der Fischkonsum hat in der Schweiz über die letzten 25 Jahre gemäss WWF um 60% zugenommen und lag 2017 bei 8.6 kg pro Kopf und Jahr (BLW, 2018). Obwohl Fischprodukte bei Herrn und Frau Schweizer in den letzten Jahren immer beliebter geworden sind, k...
Main Authors: | , , |
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Format: | Text |
Language: | German |
Published: |
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2019
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Subjects: | |
Online Access: | https://dx.doi.org/10.24451/arbor.9854 https://arbor.bfh.ch/9854/ |
Summary: | Kontext/theoretischer Hintergrund/Forschungsfragen Der Fischkonsum hat in der Schweiz über die letzten 25 Jahre gemäss WWF um 60% zugenommen und lag 2017 bei 8.6 kg pro Kopf und Jahr (BLW, 2018). Obwohl Fischprodukte bei Herrn und Frau Schweizer in den letzten Jahren immer beliebter geworden sind, kommt der Grossteil nach wie vor aus dem Ausland. Die Schweiz mit ihrer Berufsfischerei und den Fischzuchten kann derzeit nur einen kleinen Anteil zum hiesigen Fischangebot leisten – 2017 wurden lediglich 3.4% des Frischfischabsatzes mit inländisch produziertem Fisch erzielt (BLW, 2018). Für die Schweizer Landwirtschaft könnte die Fischproduktion jedoch eine interessante alternative Einnahmequelle sein. Über die Motive, die beim Kauf und Konsum von Fisch in der Schweiz eine Rolle spielen, ist bislang allerdings nur wenig bekannt. Studien aus anderen Ländern deuten darauf hin, dass der Geschmack des Fischs und der gesundheitliche Nutzen zu den wichtigsten Kaufmotiven gehören (Verbeke et al., 2004; Verbeke und Vackier, 2005; Pieniak et al., 2010). Welche Rolle u.a. die Produktherkunft beim Fisch spielt, ist bislang für die Schweiz nicht bekannt. Dies könnte für die Vermarktung von Schweizer Fisch jedoch erfolgsentscheidend sein. Methode Aufbauend auf eine Literaturrecherche wurden zwischen November 2017 und Januar 2018 halbstrukturierte Leitfadeninterviews mit einer Zufallsauswahl von Konsumierenden (n=10) durchgeführt. Voraussetzung für eine Teilnahme am Interview war einerseits, dass die Personen Fisch konsumieren. Andererseits wurde vorausgesetzt, dass die befragten Personen für den Einkauf zu Hause hauptverantwortlich sind. Die Auswahl der Interviewpartnerinnen und -partner unterlag zudem gewissen Kriterien. Es sollten sowohl Frauen als auch Männer, die aus verschiedenen Altersklassen und aus städtischen sowie ländlichen Wohnverhältnissen kommen, interviewt werden. Effektiv interviewt wurden drei Männer und sieben Frauen im Alter zwischen 23 und 62 Jahren. Sieben Personen leben auf dem Land, zwei in der Stadt und eine Person in der Agglomeration. Eine Person lebt in der Westschweiz, die anderen neun in der Deutschschweiz. Resultate Mehr als die Hälfte der Befragten gab an ein- bis zweimal pro Woche und gern auch zu besonderen Anlässen Fisch zu konsumieren (z.B. Karfreitag, Aschermittwoch, in den Ferien) – vorzugsweise zu Hause und selbst zubereitet. Fleisch wird von den Befragten hingegen vier- bis fünfmal pro Woche gegessen. Hauptsächlich wird der Fisch im Detailhandel bezogen – frisch am häufigsten Lachsforelle, Forelle, Lachs und Egli. Die Mehrheit der Befragten kauft ausserdem regelmässig Fisch in Konserven (Thon und Sardellen). Als Vorzüge des Fischs wurden nicht nur der gesundheitliche Aspekt genannt, sondern auch die leichte Verdaulichkeit, die schnelle Zubereitung und der Geschmack. Wie sich in den Konsumenteninterviews gezeigt hat, gelten beim Kauf von Fisch andere Werte als beim Fleischkauf, obwohl Fisch von den Befragten als Alternative zu Fleisch gesehen wird. In den Interviews wurde klar, dass die Qualität beim Fisch hauptsächlich an der Frische ausgemacht wird. Beim Fleisch hingegen sind die Schweizer Herkunft und die Regionalität wichtig. Der Anteil von Schweizer Fleisch lag bei der Mehrheit der Befragten bei 90-100%. Dass sich das Kaufverhalten beim Fisch hier unterscheidet, liegt unter anderem daran, dass die bevorzugten Fischarten (noch) nicht oder nicht in ausreichendem Masse in der Schweiz produziert werden (z.B. Lachs, Thunfisch, Kabeljau). Beim Fisch achten einige der Befragten überhaupt nicht auf die Produktherkunft, wohingegen andere zumindest Wert auf die europäische Herkunft legen. Einige der Befragten geraten hier offensichtlich in einen Gewissenskonflikt und kaufen entweder ausländischen Fisch, obwohl sie im Allgemeinen Schweizer Produkte bevorzugen, oder inländisch produzierten Fisch des guten Gewissens wegen, obwohl sie den ausländischen Fisch (z.B. Salzwasserfische) bevorzugen. Weiterhin wird von den Interviewten die Nachhaltigkeit als wichtiges bis sehr wichtiges Kaufkriterium eingestuft – insbesondere die kurzen Transportwege. Daher achten die Befragten bei Lebensmitteln allgemein und beim Fleisch besonders auf die ökologische Nachhaltigkeit. Beim Fisch spielt die Nachhaltigkeit weniger eine Rolle, zumal vielen Befragten unklar ist, welche Fischprodukte nachhaltig sind. Entscheidender ist beim Fisch der Preis, obwohl nicht gefunden wird, dass Fisch zu teuer ist. Man wäre sogar bereit etwas mehr für Schweizer Fisch zu zahlen. Warum trotz des vorhandenen Angebots an Schweizer Fisch nicht mehr davon gekauft wird, dürfte abgesehen von der Präferenz für Fischarten, die in der Schweiz derzeit (noch) nicht produziert werden, auch an der fehlenden Kommunikation in Bezug auf das Angebot und das fehlende Wissen in Bezug auf den Mehrwert von Schweizer Fisch (Frische und Nachhaltigkeit) zurückzuführen sein. Die Interviews decken weiterhin auf, dass Wissenslücken in Bezug auf das Tierwohl, das den Befragten wichtig ist, bestehen. Unklar ist für die Befragten beispielsweise, was artgerechte Tierhaltung beim Fisch bedeutet und welchen Tierwohlstandard sie erwarten können. Die Befragten wünschen sich hierzu mehr Informationen. Schlussfolgerungen Anhand der Interviews konnten erste Erkenntnisse zu den Konsummotiven aufgezeigt werden. Kaufkriterien wie die Produktherkunft oder kurze Transportwege treffen für den in der Schweiz produzierten Fisch zu. Dennoch werden bevorzugt importierte Fischprodukte gekauft. Der Preis scheint aufgrund der erhöhten Zahlungsbereitschaft für Schweizer Fisch nicht der Grund zu sein. Anstelle von Massnahmen, die den Verkaufspreis betreffen, sollte zunächst bei der fehlenden Sichtbarkeit von regionalen Fischproduzenten, die direkt vermarkten, und von Schweizer Fisch im Detailhandel angesetzt werden. Auch die mangelnde Angebotsvielfalt wurde kritisiert. Hier könnte es sich um ein Kommunikationsproblem handeln. Eine bessere Kommunikation nicht nur in Bezug auf die Verfügbarkeit der Produkte, sondern auch in Bezug auf die Haltungsbedingungen und die Nachhaltigkeit in der Schweizer Fischproduktion bieten Chancen. Dies entspricht zudem dem Wunsch der Schweizer Fischkonsumenten. |
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